Thomas Klinkert: Livre-palimpseste ou « livre sur rien » à l’ère postcoloniale ? À propos de "La plus secrète mémoire des hommes" de Mohamed Mbougar Sarr
Mohamed Mbougar Sarr, La plus secrète mémoire des hommes, Philippe Rey 2021/ Die geheimste Erinnerung der Menschen, übersetzt aus dem Französischen von Holger Fock, Sabine Müller, Hanser 2022
Mohamed Mbougar Sarr erzählt virtuos von der Suche nach einem verschollenen Autor: Als dem jungen Senegalesen Diégane ein verloren geglaubtes Kultbuch in die Hände fällt, stürzt er sich auf die Spur des rätselhaften Verfassers T.C. Elimane. Dieser wurde in den dreißiger Jahren als „schwarzer Rimbaud“ gefeiert, nach rassistischen Anfeindungen und einem Skandal tauchte er jedoch unter. Wer war er? Voll Suchtpotenzial und unnachahmlicher Ironie erzählt Sarr von einer labyrinthischen Reise, die drei Kontinente umspannt. Ein meisterhafter Bildungsroman, eine radikal aktuelle Auseinandersetzung mit dem komplexen Erbe des Kolonialismus und eine soghafte Kriminalgeschichte. Ein Buch, das viel wagt – und triumphiert.
Thomas Klinkert ist Romanist und ordentlicher Professor für französische Literaturwissenschaft an der Universität Zürich. Er promovierte 1994 an der LMU München mit einer Dissertation zum Thema Bewahren und Löschen. Zur Proust-Rezeption bei Samuel Beckett, Claude Simon und Thomas Bernhard (Tübingen 1996). Seine im Jahr 2000 an der Universität Regensburg eingereichte Habilitationsschrift trägt den Titel Literarische Selbstreflexion im Medium der Liebe. Untersuchungen zur Liebessemantik bei Rousseau und in der europäischen Romantik (Freiburg 2002).
Zu seinen Forschungsgebieten gehören neben Marcel Proust auch Dante Alighieri (La modernità di Dante. Prospettive semiotiche sulla “Commedia”, Ravenna 2021) sowie das Verhältnis von Literatur und Wissen (Epistemologische Fiktionen. Zur Interferenz von Literatur und Wissenschaft seit der Aufklärung, Berlin/New York 2010), Fragen der Narratologie (Muße und Erzählen. Ein poetologischer Zusammenhang, Tübingen 2016) und der Literaturtheorie (Fiktion, Wissen, Gedächtnis. Literaturtheoretische Studien, Baden-Baden 2020; Littérature et théorie des systèmes. Lire avec Luhmann, Strasbourg 2024).
Mit dem Verhältnis von Erinnern und Erzählen befasst er sich seit mehreren Jahren im Rahmen des internationalen und interdisziplinären Forschungsprojekts Emergentes Erinnern, welches er mit dem Freiburger Linguisten Stefan Pfänder leitet und das mündliche und schriftliche Erinnerungstexte aus linguistischer und literaturwissenschaftlicher Perspektive untersucht. In diesem Zusammenhang situiert sich auch sein Interesse an Mohamed Mbougar Sarr.
Der Vortrag findet im Rahmen des Forschungskolloquiums am Frankreich-Zentrum statt, ist aber teilöffentlich, so dass interessierte Personen gern teilnehmen und mitdiskutieren können.
Eine vorherige Anmeldung bei der Seminarleitung, Frau Dr. Anna Sennefelder, ist hierzu erwünscht:
anna.sennefelder(at)mkw.uni-freiburg.de